Oft ist der einzige, wirkungsvolle Weg aus einem andauernden Stimmungstief die Kombination einer Psychotherapie mit Antidepressiva. Mit der Einnahme von Psychopharmaka können, wie bei fast allen Medikamenten, eine Reihe von Nebenwirkungen verbunden sein: Müdigkeit, Übelkeit, Schwindel, Schlafprobleme, Kopfschmerzen, Schwitzen, sexuelle Funktionsstörungen etc.
Ein zentraler Punkt ist für Betroffene zudem der mögliche Einfluss auf das Gewicht. Wir sind der Frage nachgegangen, wie es um Antidepressiva ohne Gewichtszunahme bestellt ist und welche Wirkstoffe dabei eine Rolle spielen.
Darüber schreiben wir in diesem Beitrag
Antidepressiva – Wie funktionieren sie?
Was sollte man grundsätzlich wissen?
Eines vorweg: Wir widmen uns den rezeptpflichtigen Antidepressiva. Alternative Mittel, wie etwa Johanneskraut-Präparate werden hier nicht behandelt. Und bitte beachten: Die Angaben zum Medikament ersetzen keine ärztliche bzw. fachkundige Beratung. Sämtliche Fragen, insbesondere zu Wirkungen und Nebenwirkungen, sind unbedingt mit dem behandelnde Arzt oder Apotheker abzuklären.
Hat man das Gefühl, man verträgt ein Medikament nicht, man fühlt sich sediert oder ängstlich, leidet unter Verstopfung oder die stimmungsaufhellende Wirkung tritt nicht ein, so sollte das unbedingt mit dem Arzt besprochen werden.
Vorsicht: Nutzen und Risiko gilt es sorgfältig gegeneinander abzuwägen. Antidepressiva sollten niemals eigenmächtig abgesetzt werden. Genauso ist es ein No-go, selbst die Dosis zu verändern.
Wirkungsweise – Wieso ist das Gewicht betroffen?
Antidepressiva wirken auf den Gehirnstoffwechsel, im speziellen auf die Stimmungshormone Serotonin und Noradrenalin. Diese Botenstoffe sind für die gute Laune verantwortlich. Manche Medikamente hemmen den Abbau der Glückshormone, andere sorgen für eine längere Verweildauer oder kurbeln die Ausschüttung an. Allen gemeinsam ist, dass sie rasch im Gehirn wirken, doch eine Besserung der Depression tritt erst nach mehreren Wochen ein.
Von manchen Psychopharmaka weiß man, dass sie mit ziemlicher Sicherheit den Zeiger der Waage beeinflussen. Als Nebenwirkung können die Kilos purzeln oder auch steigen.
Grund dafür sind die Wirkstoffe in den Antidepressiva. Ausschlaggebend ist der Einfluss auf die Botenstoffe bzw. die Rezeptoren. Als Nebeneffekt können vor allem gesteigerter oder verminderter Appetit sowie Übelkeit, Mundtrockenheit, Geschmacksstörungen oder Magen-Darmbeschwerden das Essverhalten mitsteuern.
Manch einer bringt locker 15 kg mehr auf die Waage. Das wiederum schlägt sich auf das Herz-Kreislauf-System nieder und bedingt neue körperliche Erkrankungs-Risiken. Das andere Extrem kann eine Mangelernährung sein, falls das Antidepressivum zu sehr den Appetit vermiest.
Je nach Körpergewicht ist der eine oder der gegenteilige Effekt ohnehin willkommen. Doch in der Regel werden Antidepressiva ohne Gewichtszunahme bevorzugt.
Treffen Gewichtsschwankungen jeden?
Der Einfluss auf das Gewicht durch Medikamente kennen nicht nur Menschen mit einer Depression. Antidepressiva kommen u.a. bei ADHS, Zwangsstörungen, Panikattacken oder posttraumatischen Belastungsstörungen zum Einsatz. Auch die Einnahme von Neuroleptika oder gängigen Betablockern kann sich an der Kleidergröße zeigen. Quetiapin, ein Mittel, das bei Schizophrenie und bipolaren Störungen verabreicht wird, schlägt sich offenbar gern bei Therapiebeginn aufs Gewicht.
Wichtig: Betablocker sind häufig verschriebene Blutdrucksenker. Sie verlangsamen den Stoffwechsel und gelten deshalb als Verursacher von Fettpölsterchen.
Die Neigung zum Zunehmen ist nicht bei jedem gleich ausgeprägt und sollte unbedingt ein Thema bei der Wahl des Medikaments sein. Nicht nur eine appetitsteigernde Wirkung der Arznei kann für eine Gewichtsschwankung verantwortlich sein. Es kann auch daran liegen, dass bei manchen Menschen die sedierende Wirkung zwangsläufig die Bewegungsfreude dämpft und man deshalb mehr Kilos ansetzt.
Daneben gilt es zu bedanken: Eine Gewichtsschwankung muss nicht zwingend die medikamentöse Therapie verursachen – es kann auch an der Krankheit selbst liegen. Psychische Leiden gehen oft mit einer Veränderung des Gewichts Hand in Hand. Depressiven Menschen fehlt manchmal sogar die Energie, sich das Essen zuzubereiten, andere sind vielleicht Binge Eater. Aus diesem Grund ist ein offenes Gespräch mit einem Experten notwendig.
Einteilung der Antidepressiva und Einfluss auf das Gewicht
Man unterscheidet im Wesentlichen zwischen älteren und neueren Antidepressiva. Eine Gewichtszunahme wird v.a. bei jenen Antidepressiva beobachtet, die dämpfende, sedierende Effekte haben und die so genannten Histamin-H1-Rezeptoren blockieren. Wir stellen im Folgenden einige der gängigsten Wirkstoffe und ihren möglichen Einfluss auf das Gewicht vor.
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Ältere Antidepressiva
TZA (tri- und tetrazyklische Antdepressiva):
- wirken auf mehrere Botenstoffe gleichzeitig
- dadurch mehr Nebenwirkungen, darunter Steigerung des Appetits und Gewichtszunahme
- Risiko einer Gewichtszunahme höher
Erwähnt wird eine Gewichtszunahme bei Amitriptylin, Trimipramin und Opipramol.
Wirkstoff bzw. Handelsname und Einfluss auf das Gewicht | Angabe im Beipacktext | Gruppe |
---|---|---|
Amitriptylin – Gewichtszunahme kann ausgeprägt sein | sehr häufig: Gewichtszunahme | TZA |
Trimipramin – Gewichtszunahme möglich | ohne Häufigkeitsangabe: Gewichtszunahme besonders zu Beginn | TZA |
Opipramol – Gewichtszunahme möglich | gelegentlich: Gewichtszunahme | TZA |
Mirtazapin – Gewichtszunahme kann ausgeprägt sein | sehr häufig: verstärkter Appetit und Gewichtszunahme | TZA |
Neuere / Atypische Antidepressiva
Selektive Wiederaufnahmehemmer:
- wirken gezielter auf Botenstoffe – weniger „großflächig“ als die TZA
- dadurch weniger Neben- und Wechselwirkungen, Appetitlosigkeit möglich
- Risiko einer Gewichtszunahme geringer
Beispiele für neuere Antidepressiva
- Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI)
Eine Gewichtszunahme bei Fluoxetin ist z. B. kein Thema, eher schrumpfen die Kilos. Anders bei Cipralex: eine Gewichtszunahme wird häufig genannt, ein Gewichtsverlust nur gelegentlich. - Selektive Serotonin-/Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SSNRI oder SNRI)
Man findet hier u.a. Antidepressiva ohne Gewichtszunahme. Die Gewichtszunahme bei Cymbalta oder Venlafaxin spielt beispielsweise keine Rolle. Im Gegenteil: bei Cymbalta ist die Gewichtsreduktion ein Thema. - Selektive Noradrenalin-/Dopamin-Wiederaufnahmehemmer (SNDRI)
Eine Gewichtszunahme mit Elontril ist nicht relevant, es wird eher von einer Abnahme und häufig von Appetitverlust berichtet. - Dualserotonergene Antidepressiva (DSA)
Eine Gewichtszunahme bei Trittico ist möglich, genauso wie Abnehmen. - Melatonin-Agonist und 5-HT2C-Rezeptor-Antagonist
Selten fällt bei Valdoxan eine Gewichtszunahme oder ein –verlust auf.
Wirkstoff bzw. Handelsname und Einfluss auf das Gewicht | Angabe im Beipacktext | Gruppe |
---|---|---|
Citalopram – Gewichtszunahme möglich | gelegentlich: gesteigerter Appetit, Gewichtszunahme | SSRI |
Fluoxetin – Gewichtszunahme kein Thema | häufig: Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust | SSRI |
Paroxetin – Gewichtszunahme möglich | häufig: Appetitlosigkeit, Gewichtszunahme | SSRI |
Sertralin – Gewichtszunahme möglich | häufig: Appetitlosigkeit, verstärkter Appetit | SSRI |
Escitalopram – Gewichtszunahme möglich | häufig: verminderter oder gesteigerter Appetit | SSRI |
Cipralex – Gewichtszunahme möglich | häufig: Gewichtszunahme, gelegentlich: Gewichtsverlust | SSRI |
Venlafaxin – Gewichtszunahme möglich | häufig: verminderter Appetit, selten: Gewichtszu- und abnahme | SNRI |
Cymbalta – Gewichtszunahme möglich | häufig: Gewichtsabnahme, gelegentlich: -zunahme | SNRI |
Elontril – Gewichtszunahme kein Thema | häufig: Appetitverlust, gelegentlich: Gewichtsverlust | SNDRI |
Trittico – Gewichtszunahme möglich | ohne Häufigkeitsangabe: Gewichtsverlust, Appetitlosigkeit, Appetitsteigerung | DSA |
Valdoxan – Gewichtszunahme möglich | selten: Gewichtszunahme, -abnahme | Melatonin-Agonist… |
Fazit
Abschließend kann festgehalten werden, dass bestimmte Substanzen in Antidepressiva großen Einfluss auf das Gewicht haben können. Die Wirkungen und Nebenwirkungen sind nicht bei jedem Menschen gleich. Generell weniger Nebenwirkungen – und damit auch weniger Einfluss auf das Gewicht – haben die selektiven Wiederaufnahmehemmer.
Bei den chemischen Antidepressiva ist es halt mal so mal so, ist wohl auch bei jedem anders. Mit pflanzlichen Stimmungsaufhellern wie der Khiao mucuna pruriens aus Südostasien habe ich das Problem zum Glück nicht (mehr). Ich erinnere mich noch gut, wie ich die erste Empfehlung einer Freundin mit Augenrollen abgetan habe. Heute weiß ich es besser…
Fluoxetin hatte bei nur eine einzige Wirkung, und zwar Gewichtzunahme (56 kg)!!!
Hallo! Eine Sache habe ich noch nicht richtig verstanden. Nehme ich, beispielsweise mit Mirtazapin, nur wegen der möglichen fressattacken/ lethargie zu, oder wird der Stoffwechsel so beeinflusst, dass ich auch zunehme, wenn ich mich gut bewege und ernähre?
Bei mir auch. Von 65Kg zu Anfang auf 90Kg nach 5 Jahren, trotz Ernährungsumstellung.